Beobachtungen machen?

DAS KÖNIGLICHE OKULAR. Das königliche Okular erhebt sich auf seinem Stativ für alle notwendigen Momente des Gebrauchs und um alle Arten von Objekten von beiden Augen aus gemeinsam zu sehen.

Auf dieser Abbildung aus Chérubin d’Orléans’ „La Vision Parfaite“ ist ein Kastenbinokular zu sehen, das dem Göttinger Binokular durch seine Form verblüffend ähnlich sieht. Es ist auf einem Stativ in einer ebenso kastenförmigen Halterung befestigt. Am unteren Bildrand liegt eine weitere Halterung. Bei dieser ist ein Deckel zu erkennen, der um das Binokular geschlossen und mit zwei Haken an einer Seite befestigt wird. Der Halterungskasten hat auf der Unterseite außerdem einen aufwendig geschnitzten Standfuß. Unter diesem befindet sich eine stiftförmige Verlängerung, mit der die Halterung und das Stativ miteinander verbunden werden. Unter dem Stativ liegt noch ein weiteres Binokular, zu dem vermutlich die offene Halterung gehört. Da sich die beiden Binokulare auf der Abbildung zum Verwechseln ähneln, ist wahrscheinlich dasselbe Objekt in zwei unterschiedlichen Perspektiven dargestellt, um zu zeigen, wie der Aufbau funktioniert: Nachdem das Stativ aufgebaut ist, wird die Halterung darauf gesteckt, in welcher dann das Binokular befestigt werden kann.

Wie das Binokular genutzt werden konnte, ist nun klar. Ob es (regelmäßig) im Einsatz war, ist eine andere Frage. Das Göttinger Binokular scheint im Vergleich zu ähnlichen Binokularen noch recht klein zu sein. Trotzdem ist es mit seinen Maßen von 46 × 8 × 16 cm nicht gerade handlich. Vor allem, wenn man die Umstände seiner Verwendung bedenkt: Auf der Abbildung oben (und hier) sieht es so aus, als ob es sinnvoll gewesen sei, das Binokular auf einer erhöhten Stelle, z.B. einem Hügel, aufzustellen. Dort musste es jedoch erst einmal hinkommen. Der unhandliche Kasten musste mitsamt dem Stativ transportiert werden. Hinzu kommt, dass das Binokular wenig wetterfest war: Wurde das Leder oder das Pergament der Hülle nass, war es beschädigt. Möglicherweise sind so die Schäden am Göttinger Binokular entstanden. Sieht man sich das Binokular aus der Nähe an, wird allerdings deutlich, dass eher die Kanten beschädigt sind. Wahrscheinlicher ist, dass diese Schäden durch verschiedene (Um)Lagerungen entstanden sind. Das könnte bedeuten, dass das Binokular zumindest von seinem ursprünglichen Besitzer regelmäßig genutzt wurde und dafür häufig transportiert werden musste.
Es ist allerdings wichtig zu bedenken, dass das Binokular seit fast 300 Jahren als Sammlungsobjekt im Besitz der Universität ist. In diesem Zeitraum hat es wahrscheinlich oft seinen Verwahrungsort gewechselt und wurde nicht, wie auch vom Kustos der Sammlung Astrophysik vermutet, für Forschungszwecke benutzt.