Lochkarten und Gender

Der Lochkarten­­locher im GWDG-Museum diente im Rechen­­zentrum dazu, Programme abzulochen. Damit stellt er eine Ausnahme dar. Viele andere Karten­­locher wurden benutzt, um Auftrags­­daten, Informationen über Kund*innen und dergleichen computer­­lesbar zu machen. Bedient wurden sie in den aller­­meisten Fällen von Frauen. Wie zum Beispiel von der Haupt­­figur im Men-at-Work-Song „Keypunch Operator“ von 1980 – über welche die männlichen Sänger jedoch wenig mehr zu berichten wissen, als dass die Frau geschminkt ist und die Blicke der Männer auf sich zieht.

Frauen hatten von den Anfängen in den 1950er Jahren an einen entscheidenden Anteil an der computergestützten Arbeitswelt. Aber die Aufgaben waren ungleich verteilt: Während als Analyst*innen, Programmierer*innen und im Management vor allem Männer eingestellt wurden, stemmten Frauen den Großteil der Eingabe von Daten. Und Männer in Führungspositionen trugen dazu bei, dass das so blieb. Am besten sind die Zustände in den USA untersucht. Dort arbeiteten in den 1970er Jahren etwa vergleichbar viele Männer und Frauen im Berufsfeld Daten­verarbeitung, wobei die Frauen die Männer im Lauf des Jahrzehnts zahlenmäßig überholten. 1971 betrug der Frauen­anteil der Beschäftigten am Kartenlocher 85% und zehn Jahre später 95%. Bei den Programmierer*innen waren es dagegen im Jahr 1971 nur 23% und auch 1982 noch bloß 34%. Aufstiegschancen gab es für die Arbeiter*innen am Kartenlocher kaum. Zudem wurden weibliche Angestellte durchschnittlich schlechter bezahlt als ihre männlichen Kollegen.

Die Gründe für diese Ungleichverteilungen sind unterschiedlich. Sie haben mit der historischen Entwicklung der Büroarbeit zu tun, mit sozialen Rollenbildern und Ausbildungsverhältnissen, mit unterschiedlicher Repräsentation in Arbeitnehmer*innen­verbänden und mit der Erwartung, junge Frauen würden nach dem Schulabschluss bloß einige Jahre arbeiten, bis sie eine Familie gründeten. Für Moe Tucker lag die Karriere jenseits des Lochkartenlochers.