„Par le P.[ere] Anian de Paris, Capucin“ – von Pater Anian aus Paris, Kapuzinermönch.
Pater Anian war nicht der erste Kapuzinermönch, der sich für binokulare Fernrohre interessierte oder sie produzierte. Bereits 1645 veröffentliche Anton Maria Schyrleus de Rheita ein Buch, in dem er u.a. die Herstellung von Binokularen beschreibt. Er lobte diese Geräte: Sie würden die Sterne als „großartige[…] Werke Gottes“ sichtbar machen.
26 Jahre später, im Jahr 1671, wurde ein weiteres Werk eines Kapuzinermönchs über Binokulare veröffentlicht. Der Autor, Chérubin d’Orléans, schrieb jedoch nicht nur über Binokulare, sondern stellte sie auch selbst her. Er war eine Koryphäe auf seinem Gebiet, weshalb Ludwig XIV. die Schirmherrschaft für seine Produktion übernahm und mehrere optische Instrumente von ihm anfertigen ließ. Während der Zeit der Schirmherrschaft veröffentlichte Cherubin d’Orleans seine Forschungserkenntnisse, sowie Anleitungen zum Bau von verschiedenen optischen Instrumenten, darunter auch Kastenbinokulare, ausführlich 1677 in „La Vision Parfaite“ („Die perfekte Sicht“). So konnte Pater Anian – spätestens 1691 – gleichartige Binokulare nachbauen.
Es ist bemerkenswert, dass ausgerechnet Kapuzinermönche es schafften, mit der Entwicklung von optischen Instrumenten so erfolgreich zu werden. Im Orden der Kapuziner war es unüblich und nicht gern gesehen, wenn Mönche sich von ihren Pflichten im Kloster ablenken ließen. Dass gläubige Christen sich für wissenschaftlichen Erkenntnisgewinn interessierten, war hingegen weniger selten. Seit dem Barock und der damit einhergehenden Bewunderung der Schöpfung wurden deren Wunder als rationalistische Existenzbeweise Gottes gedeutet. Diese Art der theologischen Forschung wird als Natur- oder Physikotheologie bezeichnet.