Entfremdung

Mithilfe einer Maschine für eine andere Maschine Daten von einem Zeichensystem in ein anderes Zeichensystem übersetzen: Wer Lochkarten locht, überführt Informationen von Ziffern und Buchstaben auf einem Papier in Löcher und Nicht-Löcher in einem Stück Pappe. Dabei spielen Hierarchien eine Rolle, die sich teilweise an den Lochkarten ablesen lassen. Die Bedürfnisse der Maschine kommen offenbar zuerst. Auch wenn die Fremdheit der Lochkarten zum Teil eine historische Fremdheit ist, und auch wenn es keine vollkommene Fremdheit ist – die Informationsträger sind ja materiell erfahrbar, die Art der Informationsspeicherung ist sicht- und fühlbar, ein gedrucktes Raster bietet Orientierung: Die Lochkarten zu stanzen, bedeutet zunächst, nicht selbst mit den darauf gespeicherten Daten zu arbeiten, sondern sie für eine Maschine aufzubereiten. So wie der Datenträger gestaltet ist, muss man sagen: Verstehen soll die Informationen in erster Linie eine Maschine. Es ist nicht dieselbe Maschine, an der die Benutzer*innen des Kartenlochers sitzen.

Wie viel Vertrautheit stellt sich wohl ein zwischen der Maschine und denen, die sie bedienen? Wie viel Distanz? Welche Konzeptionen und welche Rollen von Ich und Maschine gehen damit einher? Ist es ein bloßes Zuarbeiten, das gegenüber der maschinellen Rechenleistung an Wert einbüßt? Ist es ein Prozess der Einfühlung in nicht-menschliche Verstehensprozesse? Solche intimen Fragen führen von Mensch-Maschine-Hierarchien zu Hierarchien zwischen Menschen: zu Patriarchat und Klassengesellschaft. Die Frauen, die Kartenlocher bedienten, arbeiteten damit meist nicht nur einem Computer zu, sondern auch einem Team aus Männern.

Wie intim sind Sie mit Ihrem Computer?