Schnittstelle Mensch | Sehapparat

Beim Binokular scheint es eine eindeutige Schnittstelle zum Menschen zu geben: Bei Beobachtungen müssen die Nutzer*innen so nah herantreten, dass sie beim Blinzeln das Metall der Rohre mit ihren Wimpern berühren. Wahrscheinlich berührt die Haut um die Augen das Metall der Linseneinfassung sogar dauerhaft beim Durchschauen. Außerdem muss die Entfernung der Rohre zueinander eingestellt werden, um sie an die Augen der jeweiligen Nutzer*innen anzupassen.

Bei der Webcam sieht das anders aus. Zu ihr gibt es in den meisten Fällen keine physisch spürbaren Schnittstellen. Die integrierten Webcams schalten sich bei der Nutzung von Programmen wie Zoom, Skype o.ä. automatisch an und aus, höchstens ein ungutes Gefühl bleibt beim Betrachten der Webcam.

Ist das physische Empfinden wirklich die elementare Schnittstelle, die Mensch und Sehapparat verbindet? Technikphilosoph Ernst Kapp beschrieb 1877 jegliche technische Erfindung des Menschen als Organprojection – also als die Imitation der Fähigkeiten des menschlichen Körpers in Geräten. Das Auge bzw. das Sehen wird durch Fernrohre nachgeahmt und durch diese Nachahmung, so Kapp, erst richtig verstanden. Auch wenn diese Idee sich nicht auf jede Erfindung des Menschen anwenden lässt, ist sie bei Sehapparaten durchaus nachvollziehbar: Noch heute sprechen wir von der Linse, sei es im Auge oder in Kameras, Fernrohren, Mikroskopen o.ä. Was all diese Sehapparate schließlich verbindet, ist die Idee vom ersten Sehapparat des Menschen:

dem Auge.